Du hast es schon richtig erkannt: Die Schrauben der Kettenspanner halten da genau garnichts. Ist quasi eine Befestigung der Kappen und ein Verstellmechanismus bei gelöster Achse. Das Rad hält durch Kraftschluss der durch das Anziehen der Achse erfolgt. Und man hat da eine ganze Menge an Kontaktflächen, die im Kraftschluss seien müssen. Grundsätzlich kann man sagen, dass man mehr Drehmoment braucht, wenn man mehr Kontaktflächen hat. Man verliert halt bei jeder Kontaktfläche etwas und die Materialien arbeiten sich auch etwas ineinander ein im Laufe der Zeit. All das muss berücksichtigt werden.
Ist das denn bei deinen bisherigen Motorrädern alles exakt gleich aufgebaut wie bei der MT07? Hatte vorher ne Bandit 600, da war das von den verwendeten Materialien und Anzahl Kontaktflächen etwas anders. Und Stahl auf Stahl ist auch nicht das gleiche wie Stahl auf Alu.
Bei der Sicherheit würde ich eher von mindestens 2, wenn nicht 3 ausgehen. Für den angenommenen Lastfall. Die hohe Sicherheit setzt man an, damit man den ganzen Quatsch mit Vibrationen und Verwindung des Materials nicht explizit durchrechnen muss. Da ist auch drin, dass die Drehmomentschlüssel gerne mal 10% Abweichung haben. Es muss quasi garantiert werden, dass sich das nur lösen kann, wenn etwas grob falsch gemacht wurde. Die 105Nm sind übrigens für das Gewinde sehr wenig. Wenn wir mal annehmen, dass das Ding der Festigkeitsklasse 8.8 entspricht, würdest du da normalerweise 325Nm drauf knallen. Oder du könntest es bedenkenlos machen. Das Problem mit den fressenden Muttern ist hier nicht das Drehmoment sondern mangelnde Materialqualität von Achse und/oder Mutter.
Hinsichtlich Kettenblatt: Da sind die 80Nm auch schon ziemlich krass in Relation zur Gewindegröße. Wenn sich da etwas löst, ist es aber auch sehr unwahrscheinlich, dass es zu einem Personenschaden kommt. Deswegen hätte ich da weniger Bedenken. Drehmoment der Achse reduzieren ohne dass man die Kompetenz hätte, das ordentlich durchzurechnen halte ich für ziemlich dumm und gefährlich. Kann ich leider nicht freundlicher sagen. Basierend auf Bauchgefühl und "früher haben wir das so und so gemacht" das Ergebnis der Arbeit der Ingenieure bei Yamaha anzuzweifeln ist irgendwas zwischen vermessen und unverschämt. Ich denke die wenigsten lassen sich gerne von irgendeinem Laien erzählen, dass sie in ihrem Beruf mit jahrelanger Erfahrung etwas komplett falsch machen, weil er das "glaubt".
Zur Referenz: Ich habe gelernt, wie man sowas berechnet, mache es aber im Berufsalltag nicht. Ich weiß aber, wie die Kollegen arbeiten und vertraue denen. Wenn ich unbedingt wollte, könnte ich das mit ein paar Stunden Aufwand auf jeden Fall selbst nachholen - schafft aber keinen Mehrwert. Die Kollegen, die das Fahrwerk auslegen, vertrauen dann aber auch meinem Arbeitsergebnis beim Brennverfahren oder der Motorabstimmung. Und dann schreibt irgendein Hansel in nem Forum was von "die laufen heutzutage doch alle mager wegen den Emissionen und davon geht der Motor kaputt!" Könnte kaum falscher sein, aber nee, haste Recht, muss so sein. Ingenieure wollen ja immer, dass Sachen für den Endanwender möglichst schlecht sind - lernt man schon im ersten Semester.