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  • Zugegeben, eine halbe Stunde Probefahrt und die kurze Überführung bei schlechtem Wetter vom Händler zur 30 Kilometer entfernten Garage sind für einen präsenilen Anfänger wie mich nicht ausreichend, um anschließend einen fundierten Bericht über ein/mein Motorrad abzugeben. Und schon gleich mal gar nicht, wenn es die erste eigene ist, gekauft mit dem Ausklang der Saison und unter dem Vorsatz der BeeGees´s: „Stayin´ alive!“

    „Und warum dann ausgerechnet XSR700, der Herr?“ Nun, wenn man sich mit frühfünfzig entschließt die vor über 30 Jahren versemmelte Pappe dann doch nochmal anzutreten, dann sicherlich nicht, um anschließend keine bella Macchina zu haben, oder? Okay, ich muss gestehen, da waren etliche andere Aspiranten und diverse klangvolle Kandidaten vor ihr in der engeren Auswahl und dabei war weder die Rede von irgendwie Retro, noch Yamaha, oder gar 2-Zylinder, in welcher Anordnung auch immer. Irgendwie roch es nach einem großhubigen Tourer, germano-italo-japaniko, solide, unaufgeregt und vielleicht sogar ein wenig langweilig, schließlich galt es die eigenen Ambitionen, das nicht bis wenig vorhandene fahrerische Können und eine Form von Bezahlbarkeit in Einklang zu bringen. Ein paar Stunden Recherche im Netz und nur eine Probefahrt später war klar: „Die isses!“ Abgesehen von der Optik (dazu später) war es einfach nur das rechte Bein über die Sitzbank schwingen, beide Hände da an den Lenker legen wo sie natürlich hingehören, die Füße wie selbstverständlich an Schalt- Bremshebel platzieren und dank einer vom Orthopäden empfohlenen Sitzposition sofortige Vertrautheit zu spüren und einfach nur losfahren und zwar so, als hätte ich ewig schon nichts Anderes gemacht.

    Es dauerte dann aber doch etliche Kilometer mehr, bis ich meine Aufmerksamkeit von dem Typen auf dem Motorrad irgendwann auf die Maschine unter mir richten konnte, also weg von Knieschluss, Klamottensitz und Kurvenblick, hin zu Geometrie, Getriebe, und Gasannahme. Ausführlichen Aufschluss darüber lieferte ein gemeinsamer Ausritt mit einer Guzzi V9 Bobber durch die Steiermark und ihre herrliche Seenlandschaft. Rund 300 Kilometer und 6 Stunden Fahrzeit später gab es dann doch das eine oder andere, was mir aufgefallen ist.

    Zunächst einmal scheint mein Gesäß nur für eine mittlere Betriebsdauer von rund 2 Stunden auf einem Motorrad konzipiert zu sein, danach fängt es an in einen 3-stufigen „Beleidigt-Modus“ (aua - Aua - AUA!) zu wechseln. Da mir das mit der Fahrschulmaschine genau so ergangen ist, schiebe ich die Schuld dafür mal nicht auf die Sitzgarnitur der Maschine, sondern auf meine schwache körpereigene Polsterung, zumal da ähnliche Äußerungen auch aus dem vorausfahrenden italienischen Lager kamen. Vielleicht auch ein Grund, sich doch mal mit der flachen Sitzbank zu beschäftigen, mal sehen.

    Zwei Dinge finde ich an der Maschine in Sachen Geometrie nicht optimal gelöst und da ist zum einen der Huperich, also der Auslöser für die Hupe, der mit seiner Position direkt über dem Blinker öfter ein überraschendes akustisches, statt einem erwarteten optischen Signal provoziert hat, aber das ist vielleicht eher eine Sache von Gewöhnung und Feinmotorik. Was ich aber tatsächlich bemängele und dementsprechend auch ändern werde, ist der Sitz des Dashboards/Tachos. Auf kurzen Strecken fällt es nicht gar so auf, aber wenn man dann doch etliche Male das aufmerksame Haupt senken muss, um Geschwindigkeit etc. im Blick zu behalten, dann wird es irgendwann nervig, zumindest für mich. Warum hier bei der XSR 900 für das baugleiche Instrument die offensichtlich bessere Position mittels einem simplem Stück Blech gewählt wurde und bei der 700 nicht, bleibt mir ein Rätsel, aber genau da will ich das Ding hinhaben und da wird es auch hinkommen. Wahrscheinlich wird es eine handgeklöppelte Sonderanfertigung aus dem familiären Dunstkreis, denn die käuflichen Lösungen (siehe LSL, JVB und Co.) scheinen mir da noch nicht der Weisheit letzter Schluss, erst recht in Sachen Euros.

    Ebenfalls suboptimal erscheint mir die Fuß-/Hinterradbremse. Hier kommt mir der Weg sehr lang vor und die Wirkung hat mich auch noch nicht wirklich überzeugt, da scheint eine genauere Betrachtung (zumindest in meinem Fall) aber noch angebracht.
    Da mein Fahrprofil uneingeschränkt unter „limitiert“ zu finden ist, kann ich über die Reifen und ihre Eigenschaften nur wenig vermelden. Da ich nicht auf Autobahnen unterwegs bin und außerdem nur am Wochenende dem Motorradfahren frönen kann, ist meine Antwort da eher beidseitiges Achselheben gen Norden, zumal meine Schräglagen auch noch nicht in den graduellen Winkeln stattfinden, wo unbedingtes Vertrauen in Reifen und gleichzeitig nachhaltiger Verlust der Angstnippel unter den Fußrasten eine wirklich tragende Rolle spielen. Schließlich sind die XSR und ich noch keine 1000 Kilometer älter und dabei versuche ich den Ausführungen der Betriebsanleitung und denen meines Händlers noch bedingt Folge zu leisten und es ruhiger angehen zu lassen. Als ich dann ein erstes von bisher wenigen Malen die Drehzahl jenseits der 6000er Markierung stattfinden ließ, fand sich in meinem Gesicht ein ausgeprägt äquatoriales Grinsen wieder, was da auch lange nicht mehr wegging. Motorleistung und Getriebe sind m.E. über jeden Zweifel erhaben und ich empfinde sie in der Größenordnung und Preisklasse als perfekt, wenn auch Vergleiche mit anderen Geräten wie Scrambler und Co. noch ausstehen. Somit entfällt auch - zumindest für den Augenblick - ein fundiertes Urteil meinerseits über das Fahrwerk. Ich falle aber auch nicht unter die „ambitionierten“ Fahrer, weshalb mir die vermeintlich „zu weiche“ Abstimmung bislang sehr gut gefällt.

    Der Sound ist mir im Moment persönlich noch ziemlich egal, wobei ich von den hochgezogenen Anlagen vom optischen Standpunkt recht angetan bin. Wenn ich dann aber Anschaffungspreis und Ergebnis im Verhältnis betrachte, konzentriere ich mich erst einmal auf mir wichtigere Dinge.

    Über die Optik der XSR . . . lässt sich sicherlich streiten (wie über viele andere auch), aber für mich ist sie von der Formensprache und der Linienführung eher wenig bis gar nicht Retro und auch der Begriff „Heritage“ ist für mich ein eher hölzernes Marketing. Ungewöhnliche Optik? Ja. Aber im direkten Getümmel mit unbedingt gewollt daherkommenden Retrobikes á la Ducati, Moto Guzzi, Triumph etc. sticht sie optisch immer ganz klar heraus, weil sie unterhalb von Tank und Sitzbank rein gar nichts mehr in diese Richtung unternimmt. Im Gegenteil, die zerklüftete Landschaft rund um Motor und Getriebe bilden für mich genau den reizvollen Kontrast, der mich anspricht. Ich will keine Kopie aus den 70er und sei es auch nur „getarnt“ oder in Ansätzen, nur weil da vielleicht ein Nimbus längst vergangener Tage dranklebt. Ich bin bekennender Technokrat und mag es modern in einer entsprechend ansprechenden Verpackung und genau das ist die XSR für meinen Begriff. Alt an Jahren bin ich schließlich selber, das muss ich nicht auch noch mittels Motorrad kultivieren.

    Jetzt steht sie in der Tiefgarage mit ausgebauter Batterie und abmontierten Sozius-Rasten.
    Dann nur noch die Schlafhaube drüber und im Frühling geht’s dann weiter.

    Man liest sich . . .

  • Zwei Dinge finde ich an der Maschine in Sachen Geometrie nicht optimal gelöst und da ist zum einen der Huperich, also der Auslöser für die Hupe, der mit seiner Position direkt über dem Blinker öfter ein überraschendes akustisches, statt einem erwarteten optischen Signal provoziert hat, aber das ist vielleicht eher eine Sache von Gewöhnung und Feinmotorik. Was ich aber tatsächlich bemängele und dementsprechend auch ändern werde, ist der Sitz des Dashboards/Tachos. Auf kurzen Strecken fällt es nicht gar so auf, aber wenn man dann doch etliche Male das aufmerksame Haupt senken muss, um Geschwindigkeit etc. im Blick zu behalten, dann wird es irgendwann nervig, zumindest für mich. Warum hier bei der XSR 900 für das baugleiche Instrument die offensichtlich bessere Position mittels einem simplem Stück Blech gewählt wurde und bei der 700 nicht, bleibt mir ein Rätsel, aber genau da will ich das Ding hinhaben und da wird es auch hinkommen. Wahrscheinlich wird es eine handgeklöppelte Sonderanfertigung aus dem familiären Dunstkreis, denn die käuflichen Lösungen (siehe LSL, JVB und Co.) scheinen mir da noch nicht der Weisheit letzter Schluss, erst recht in Sachen Euros.


    Zunächst einmal, Respekt nach der langen Bedenkzeit wieder in den "aktiven Dienst" einzusteigen.
    Finde ich top!

    Deine beiden Kritikpunkte habe ich nach einer kompleten Saison mit knapp 10.000km auch. Wobei ungewolltes Passantenerschrecken mittels Hupe statt Blinker bei mir eigentlich gar nicht mehr vorkommt. Ist tatsächlich Gewöhnung. Im Gegenteil, wenn ich wieder auf ein anderes Moped steige kommt es mir eher da komisch positioniert vor, weil die Hupe (sollte bei Gefahr ja schnell zu finden sein) meist sehr versteckt weiter unten und hinten ist :)

    Tacho wurde eindeutig falsch positioniert. Egal wie groß man ist, man hat ihn schlecht im Blick, was schade ist, weil ich ihn von der Lesbarkeit und Optik gut gelungen finde.
    Kaufbare Optionen bisher null und die XSR 900 Lösung passt nicht. Bock auf ewig messen und schleifen hab ich auch wenig.
    Falls du eine CNC-Fräse in der Verwandtschaft auftreibst u. ein schönes Halterchen schneiden lässt, wäre ich daran sehr interessiert und soweit ich das gehört habe auch einige andere -----> Marktlücke :)

    Zur hinteren Bremse: Stimmt, sie kommt sehr spät/weit "unten". Was je nach Schuhwerk mehr oder weniger stört. Mit leichten Socken finde ich es blöd, mit Tourenstiefeln und etwas klobigeren Absätzen aber eher gut, man latscht nicht ungewollt direkt voll ins Eisen.

    Ziehen tut sie meiner Erfahrung nach aber einwandfrei (wenn richtig entlüftet ab Werk?). Blockiert kriegt man das ganz einfach, das eher schlichte ABS regelt dann auch direkt sehr grob ein. Aber Hinterradbremse brauchts eh nur zum Stabilisieren meiner Meinung nach. Hab auch ältere Eisen mit Trommeln hinten, selbst da ist immer genug Bremsleistung für den Grip, den das hintere Pneu hat zu finden.
    Und die vordere Bremse finde ich top. Und das ist mir z.B. sehr wichtig.

    Evtl. ließe sich die Hebelage hinten aber etwas anheben, ich meine eine Stellschraube mit Mutter an der Druckstange gesehen zu haben? Muss aber etwas Spiel bleiben. Mich hats nie so gestört, dass ich es nie probiert habe.

    Thema "Sitzkomfort" - Meiner Meinung nach ist die Maschine von der Sitzhaltung perfekt, müsste direkt ein Stempel "von Orthopäden empfohlen" drauf. Mir gings wie dir: draufsetzen - wohlfühlen. Der Sitz selber ist Mittelmaß, ich würde versuchen "aktiver" zu fahren, zwischendrin nach hinten zu rutschen, Gewicht in den Kurven mehr mit zu verlagern. Hilft auf der Autobahn natürlich nix. Da könnte evtl. ein Gelkissen, das man in den original Schaumstoff einlässt helfen. Geht recht einfach, nur das Entfernen des Bezugs mit anschließendem wieder antackern ist fummelig. Ob die flache Bank direkt besser ist, weiß ich nicht.

    Aber jeder Arsch ist halt auch anders...

    In diesem Sinne, immer gute Fahrt!

    PS: wie kann man das nur mit Saisonkennzeichen aushalten? :freak Mir würde sie immer leid tun, wenn sie da so steht...

    Gruß
    Michael